Albert Buddecke
Albert Buddecke, Kgl. Preuß. Oberst, wurde am 16. August 1858 in Köln geboren, er starb am 24. Oktober 1931 in Jena.
Nach Besuch des Gymnasiums und Abitur trat Buddecke am 1. April 1879 in das preußische Leibgarde-Infanterie-Regiment (1. Großherzoglich Hessisches) Nr. 115 ein. Im Oktober 1880 wurde er zum Leutnant befördert. Vom Herbst 1888 bis zum Herbst 1892 besuchte er die Kriegsakademie in Berlin. Anschließend war er Hauptmann und Kompaniechef des 4. Unter-Elsässischen Infanterie-Regiment Nr. 143 in Straßburg. Im Jahr 1895 veröffentlichte er im renommierten Berliner Verlag E. S. Mittler seine Studie „Taktische Entschlüsse und Befehle“, die aus einer an der Kriegsakademie gestellten Aufgabe hervorgegangen war und Lehrbuchcharakter hatte; eine zweite, aktualisierte Auflage erschien 1901, eine dritte 1906. Als Lehrbuch für die Unteroffiziere und Mannschaften seines Regiments publizierte Buddecke, ebenfalls im Mittler Verlag, 1896 eine kurzgefasste Geschichte des erst 1890 aus drei Vorgänger-Bataillonen errichteten Infanterie-Regiments Nr. 143. Mit diesen Veröffentlichungen wies er auch eine akademische Befähigung nach; 1897 wechselte er als Taktiklehrer an die Kriegsschule Potsdam. Es folgten eine Station als Kompaniechef des 3. Ober-Elsässischen Infanterie-Regiments Nr. 172 in Neuf-Brisach ab Frühjahr 1902, dann ab Herbst 1903 Funktionen im Großen Generalstab in Berlin. Am 13. September 1906 wurde Buddecke zum Major befördert, am 18. Dezember 1912 erhielt er den Charakter eines Oberstleutnants.
Am 15. Oktober 1885 heiratete Albert Buddecke Anna Herber. Aus dieser Ehe gingen drei Söhne hervor. Der Sohn Werner (1887-1967) studierte Philosophie und wurde 1914 in Jena mit einer Arbeit zu „Schellings Metaphysik der Musik in ihrem systematischen Zusammenhang“ promoviert; er absolvierte ab 1914 ein Bibliotheksvolontariat in Jena und Berlin und war dann als Bibliothekar in Greifswald und Göttingen tätig, dabei hat er sich vor allem als Jakob-Böhme-Forscher einen Namen gemacht. Der Sohn Hans Joachim (1890-1918), Oberleutnant im Leibgarde-Infanterie-Regiment (1. Großherzoglich Hessisches) Nr. 115, war im Ersten Weltkrieg ein bekannter Jagdflieger. Er wurde am 10. März 1918 über Lille abgeschossen. Aus dem Nachlass seines Sohnes gab Buddecke noch im Jahr 1918 dessen autobiographische Aufzeichnungen zu seiner Fliegerkarriere unter dem Titel „El Schahin (Der Jagdfalke). Aus meinem Fliegerleben“ heraus.
Seit dem 21. April 1909 war Buddecke Vorstand der Bibliothek des Großen Generalstabs in Berlin. Die Bibliothek residierte in Berlin NW 40, Moltkestraße 8. Sie umfasste bei seinem Dienstbeginn ca. 83.000 Bände, Ende 1913 ca. 90.000 Bände und verfügte über einen Vermehrungsetat von anfangs 12.000 Mark, ab 1910 14.000 Mark und 1913 17.000 Mark pro Jahr. Neben Buddecke waren zwei inaktive Offiziere, drei Bürobeamte, ein Kanzleibeamter und ein Kanzleidiener für die Bibliothek des Großen Generalstabs tätig. Buddeckes erste große Aufgabe an dieser Stelle war die komplette Neukatalogisierung und systematische Neuaufstellung der Bestände, unter Berücksichtigung der Preußischen Instruktionen, dabei auch die Makulierung von Dubletten und die Abgabe von Handschriften und Karten an andere Abteilungen in der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des Generalstabs. Es entstand ein neuer Systematischer Katalog in Zettelform. Dem folgte die Herausgabe eines gedruckten Katalogs der Bibliothek, von dem es bereits ältere Auflagen von 1861 bzw. 1878, jeweils mit Nachträgen, gab; das Werk erschien 1912 im Druck mit einer Auflage von 1350 Exemplaren. Nach dem Muster der Bayerischen Armeebibliothek wurde auch ein Zeitschriftenkatalog neu angelegt, der alle wichtigen Aufsätze der militärischen Zeitschriftenliteratur ab Erscheinungsjahr 1909 nachwies; er hatte die systematische Anlage des Hauptkatalogs und wurde aus der Auswertung von 150 beim Generalstab abonnierten Zeitschriften gespeist. Zur Reorganisation der Bibliothek des Generalstabs durch Buddecke gehörte schließlich auch eine räumliche Erweiterung auf 720 Quadratmeter Fläche und die Einrichtung eines Lesesaals für Benutzer sowie die Erarbeitung einer neuen Bibliotheksordnung. Als Leiter der größten militärischen Bibliothek im Deutschen Reich und nunmehr auch kundigster Fachmann dieser Sparte publizierte Buddecke 1914 ein Lehrbuch „Der Militärbibliothekar“ - einen Leitfaden für Offiziere, die als angelernte Kräfte militärische Bibliotheken zu verwalten hatten. Auch als Bibliograph war er tätig: 1915 veröffentlichte er eine Bibliographie zum Deutsch-Dänischen Krieg 1864.
Bei Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Buddecke sofort als Offizier reaktiviert. Vom 2. August bis zum 30. September 1914 leistete er Kriegsdienst als Kommandeur eines Landwehrbataillons an der Westfront, später wurde er für seine Leistungen in dieser Zeit mit dem Eisernen Kreuz I. und II. Klasse ausgezeichnet.
Vom 1. Dezember 1914 bis zum 18. Oktober 1918 war Buddecke beim Stellvertretenden Generalstab in Berlin tätig. Hier wurde er am 19. Juli 1916 Abteilungschef der neugegründeten „Sichtungsstelle für Kriegsbeute und Bibliothekswesen“ und erhielt das Patent eines Oberst. Die Sichtungsstelle wurde eingerichtet, um Kontrolle über die bis dahin unüberwachte Sammeltätigkeit zu gewinnen, das Frontschrifttum militärischer Einheiten zentral einzusammeln und später an die einzelnen Kriegssammlungen weiter zu verteilen. Sie ging auf einen Erlass des Preußischen Kriegsministeriums vom 20. April 1916 zurück, der die militärischen Dienststellen verpflichtete, ihre Publikationen nur noch an den Stellvertretenden Generalstab abzuliefern und zivile Kriegssammlungen nicht mehr direkt zu versorgen. In dieser Funktion veröffentlichte Buddecke 1917 sein auf eine reichsweite Fragebogenaktion gründendes Verzeichnis „Die Kriegssammlungen. Ein Nachweis ihrer Einrichtung und ihres Bestandes“, in dem er 217 Kriegssammlungen von Archiven, Bibliotheken, Museen, Behörden und Privatpersonen im Deutschen Reich erfasste. In diesen Arbeitsbereich fällt auch seine Veröffentlichung einer kleinen Auswahlbibliographie „Kriegsliteratur“ mit Titeln zum Ersten Weltkrieg im Jahr 1918.
Unter dem Titel „Der Rufer im Streit“ veröffentlichte er im selben Jahr einen Band seiner Kriegsaufsätze. Die 21 Texte waren zuvor als Artikel in der Zeitschrift „Militär-Wochenblatt“, in den vom Kriegspresseamt seit 1916 herausgegebenen Blättern „Deutsche Kriegsnachrichten“ und „Deutsche Kriegswochenschau“, im Wochenblatt „Die Verteidigung“ und in der Berliner Zeitung „Der Tag“ erschienen. Sie propagieren in verschiedenen Facetten die geistig-moralische wie auch militärische Überlegenheit der Deutschen gegenüber ihren Kriegsgegnern und liegen ganz auf der Linie der offiziellen deutschen Kriegspropaganda. Das dem gefallenen Sohn Hans Joachim gewidmete Buch erschien im Sommer 1918, noch ganz ohne Zweifel am bevorstehenden „Endsieg“. Angehängt sind elf Gedichte.
Mit Auflösung der Preußischen Armee nahm Buddecke am 20. Februar 1920 seinen Abschied vom Heeresdienst. Die Bestände der Bibliothek des Großen Generalstabs gingen mit 60.000 Bänden größtenteils 1919/20 an die neugegründete Deutsche Heeresbücherei Berlin über; weitere etwa 30.000 Bände gelangten an das Reichsarchiv, die Kartensammlung an die Preußische Staatsbibliothek.
In den Jahren 1919-1924 absolvierte Buddecke ein Seniorenstudium an der Philosophischen Fakultät der Universität Jena. Seine letzte Wohnung befand sich im Haus Kochstraße 4. Nach seiner Pensionierung befasste er sich, selbst Freimaurer, vornehmlich mit dem Freimaurertum. Aus seiner Beschäftigung mit dem "Freimaurerphilosophen schlechthin" ging 1921 eine Auswahlausgabe von Fichtes „Reden an die deutsche Nation“ hervor. Sechs Auflagen hatte 1924 seine kleine Veröffentlichung „Das Freimaurerideal. Ein Mahnwort an unsere Zeit“. 1926 folgte ein Heft in Friedrich Mann's pädagogischem Magazin über die Weltanschauung des „Freimaurers auf dem Throne“ Friedrich II. von Preußen unter dem Titel „Der König-Philosoph Friedrich der Große“. Und 1930 erschien sein Buch „Was verdankt das deutsche Volk der Freimaurerei? Ein geschichtlich-kultureller Nachweis“.
Aber auch seine auf Archivstudien gründenden wissenschaftlichen Arbeiten setzte Buddecke fort: 1928 wurde seine lange vor dem Ersten Weltkrieg begonnene Untersuchung „Der Feldzug von LeMans. Die Operationen auf dem südwestlichen Kriegsschauplatz im Winter 1870/71“ im Druck vorgelegt. Diese wissenschaftliche Arbeit war während Buddeckes Zugehörigkeit zur Kriegsgeschichtlichen Abteilung I des Großen Generalstabs in dienstlichem Auftrag entstanden, Buddecke hatte sie mit Hilfe der Oberleutnants Fleck, Hülsmann und v. Wittlich angefertigt, konnte sie aber vor Kriegsbeginn nicht fertigstellen. Sie beruhte auf großenteils unveröffentlichtem Quellenmaterial der deutschen Kriegsakten, auf gedruckter Literatur und Zeitzeugenbefragung. In den 1920er Jahren entlieh Buddecke sein Manuskript aus dem Reichsarchiv, wohin die Hinterlassenschaft des Großen Generalstabs gelangt war, und schloss die Arbeit daran ab.
Albert Buddecke ist begraben auf dem Invalidenfriedhof in Berlin auf der Grabstelle seines Sohnes, des Jagdfliegers Hans Joachim Buddecke.
Veröffentlichungen von Albert Buddecke:
- Buddecke, Albert: Taktische Entschlüsse und Befehle. Studie an den Operationen einer selbständigen Division, nach einer auf der Kgl. Kriegs-Akademie gestellten Aufgabe. Berlin: Mittler, 1895. 114 S.
- Buddecke, Albert: Das Infanterie-Regiment Nr. 143. Geschichte seiner Stammtruppentheile und vaterländische Geschichte. Auf Befehl des Königlichen Regiments für den Unterricht der Unteroffiziere und Mannschaften bearbeitet. Als Handschrift gedruckt. Mit einem Bildniß Seiner Majestät des Kaisers und Königs. Berlin: Mittler, 1896. 77 S.
- Buddecke, Albert: Taktische Entschlüsse und Befehle. Studie über Truppenführung an Hand der Operationen einer selbständigen Division. Für den Selbstunterricht bearbeitet. 2., nach den neuesten Bestimmungen umgearb. Aufl. Berlin: Mittler, 1901. VIII, 115 S., Kt.
- Buddecke, Albert: Taktische Entschlüsse und Befehle. Studie über Truppenführung an Hand der Operationen einer selbständigen Division. Für den Selbstunterricht bearbeitet. 3. verb. Aufl. Berlin: Mittler, 1906. VIII, 120 S., Ill.
- Buddecke, Albert: Operative Entsendungen. Berlin: Mittler, 1909. 14 S. (Militär-Wochenblatt. Beiheft 1909,1,[1]).
- Buddecke, Albert (Bearb.): Katalog der Bibliothek des Königlich Preußischen Großen Generalstabes. Berlin: Mittler, 1912 . 927 S. - Dasselbe als Titelauflage u.d.T.: Deutsche Heeresbücherei <Berlin> : Bücherverzeichnis der Abteilung III (Bibliothek des ehemaligen Großen Generalstabes). Berlin: Mittler, o.J.
- Buddecke, Albert: Die Bibliothek des Großen Generalstabs. Ihre Entwicklung und Neukatalogisierung. In: Vierteljahrshefte für Truppenführung und Heereskunde 9 (1912), H. 1, S. 103-117.
- Buddecke, Albert: Der Militärbibliothekar. Eine wissenschaftliche Anleitung für das Bibliotheksgeschäft. Berlin: Mittler, 1914. 52 S.
- Buddecke, Albert: Bibliographie der neueren deutschen Kriegsgeschichte. Bd. 1: Die Literatur über den Feldzug 1864. Berlin: Bath, 1915. 92 S.
- Buddecke, Albert: Die Kriegssammlungen. Ein Nachweis ihrer Einrichtung und ihres Bestandes. Oldenburg i. Gr.: Stalling, 1917. 52 S.
- Buddecke A[lbert]: Die deutschen Kriegssammlungen. In: Deutsches Offizierblatt 21 (1917), H. 45, S. 1029f.
- Buddecke, Albert: Kriegsliteratur. Eine systematische Zusammenstellung ausgewählter Bücher und Schriften über den Weltkrieg. Leipzig: Fock, [1918]. 31 S.
- Buddecke, Albert: Rufer im Streit : Kriegsaufsätze. Leipzig: Fock, 1918. 135 S. Enthält Beiträge aus: Militär-Wochenblatt vom 27.5.1915, 15.7.1915, 30.1.1917, 1.2.1917, 31.3.1917, 31.7.1917, 18.9.1917 und 4./6.12.1917, aus den Deutschen Kriegsnachrichten vom 26.2.1917, 12.9.1917, 15.2.1918 und 4.3.1918, aus der Deutschen Kriegswochenschau vom 15.4.1917 und 20.1.1918, aus Die Verteidigung vom 1.6.1917 sowie aus Der Tag vom 4.1.1918, 29.1.1918, 17.2.1918, 28.3.1918 u.ö.
- Buddecke, Albert (Hrsg.): El Schahin (Der Jagdfalke). Aus meinem Fliegerleben / Hans Joachim Buddecke. Berlin: Scherl, 1918. 124 S., Ill.
- Buddecke, Albert (Hrsg.): Fichtes Reden an die deutsche Nation. Im Auszug der Gegenwart vermittelt von Albert Buddecke. Mit einem Geleitwort von Max Wundt. Jena: Junkelmann, 1921. 114 S.
- Buddecke, Albert: Das Freimaurerideal. Ein Mahnwort an unsere Zeit. 1.-6. Aufl. Berlin: Unger, 1924-1925. 48 S.
- Buddecke, Albert: Der König-Philosoph Friedrich der Große. Langensalza: Beyer, 1926. 24 S. (Friedrich Mann's pädagogisches Magazin ; 1103).
- Buddecke, Albert: Der Feldzug von LeMans. Die Operationen auf dem südwestlichen Kriegsschauplatz im Winter 1870/71. Ausführliche Darstellung nach den Kriegsakten u.a. Quellen. Berlin: Mittler, 1928. VI, 386 S., Kt.
- Buddecke, Albert: Was verdankt Deutschland der Freimaurerei? Ein geschichtlich-kultureller Nachweis. Leipzig: Verl. des Vereins Dt. Freimaurer, 1930. 78 S.
Literatur über Albert Buddecke:
- Jahrbuch der Deutschen Bibliotheken 8 (1910) S. 79; 9 (1911) S. 81; 10 (1912) S. 88; 11 (1913) S. 88; 12 (1914) S. 95; 13 (1916) S. 99.
- Unsere Zeitgenossen. Wer ist's? Biographien von rund 15 000 lebenden Zeitgenossen. Angaben über Herkunft, Familie, Lebenslauf, Veröffentlichungen und Werke, Lieblingsbeschäftigung, Parteiangehörigkeit, Mitgliedschaft bei Gesellschaften, Anschrift ... begründet und herausgegeben von Herrmann A. L. Degener. 9. Ausgabe, vollkommen neu bearbeitet und bedeutend erweitert. Leipzig: Degener, 1928, S. 344.
- Lennhoff, Eugen; Posner, Oskar: Internationales Freimauerlexikon. Unveränderter Nachdruck der Ausgabe Wien 1932. Wien u.a.: Amalthea. 1980, S. 462.
Verfasserin: Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen
Stand: Dezember 2013